Irren ist menschlich, das weiß jeder – und auch, dass Fehler weitreichende Folgen haben können. Am Arbeitsplatz können unbeabsichtigte Fehler beispielsweise meldepflichtige Arbeitsunfälle verursachen. Die gute Nachricht ist aber, dass sich sowohl die Fehler als auch in der Folge die Unfälle anhand erlernbarer Techniken vermeiden lassen. Dieser Beitrag erklärt, welche entscheidende Bedeutung diese Erkenntnis für die Unfallprävention und damit auch für die operative Effizienz und Qualität im Unternehmen hat.
Was sind kritische Fehler?
Das Fehlermanagement im Unternehmenskontext basiert grundsätzlich auf der Definition von drei Arten von Fehlern:
- Kritische Fehler ziehen kritische Folgen für die betroffene Umgebung nach sich. Das bedeutet, sie gefährden sowohl Personen als auch Umgebungen.
- Hauptfehler sind zwar nicht-kritisch, beeinträchtigen aber die Umgebung und damit beispielsweise den gesamten Bereich der Produktion. Produkte mit Hauptfehlern sind zwar verwendbar, aber in ihrer Funktion entscheidend beeinträchtigt. Kunden würden sie zurückgeben.
- Nebenfehler sind Fehler, die die Brauchbarkeit von Produkten nicht wesentlich herabsetzen. Die Abweichungen von der Norm sind gering.
Diese eigentlich für das Fehlermanagement erarbeitete Kategorisierung ist aber nicht nur für die Verbesserung der Qualität und der operativen Effizienz, sondern auch für die Arbeitssicherheit relevant. Denn kritische Fehler können einerseits zum Produktionsstopp führen und damit erhebliche Ausfälle und hohe Kosten verursachen; andererseits haben sie das Potenzial, ernsthafte Gefahrensituationen zu schaffen, in denen Personen zu Schaden kommen können.
Arbeitsunfälle und arbeitsbedingte Verletzungen werden unserer Erfahrung nach in erster Linie durch kritische Fehler der Mitarbeiter selbst verursacht: Mehr als 95 Prozent aller Verletzungen und Unfälle gehen auf unsere eigenen (unbeabsichtigten) kritischen Fehler zurück. Hier offenbart sich also ein enormes Verbesserungspotenzial: Auch hier sowohl in Bezug auf die Effizienz von Prozessen und die Produktqualität als auch in punkto persönlicher Sicherheit der Mitarbeiter.
Kritische Fehler gefährden den Unternehmenserfolg
Wenn uns ein kritischer Fehler unterläuft, dann befinden wir uns in der Regel unmittelbar in der betroffenen Umgebung. Das größte Risiko tragen also wir selbst – das zweitgrößte allerdings trägt das Unternehmen. Denn auch wenn der Schaden an Personen immer der schwerwiegendste und in jedem Fall zu vermeidende ist, so hat das Unternehmen doch auch erhebliche Konsequenzen zu tragen, wenn ein kritischer Fehler passiert. Beispiele sind:
- Suche nach Ersatzpersonal
- Einarbeitungszeit
- Zeitverzögerungen durch mangelnde Erfahrung des Ersatzpersonals
- Ausschuss nahezu unvermeidbar
- Kompensationskosten.
In der Produktion machen selbst kurze Ausfallzeiten aufgrund von Störungen im Betriebsablauf enorme Kosten aus – sogar, wenn man nur interne Fehlerkosten betrachtet.
Plakativ zusammengefasst gibt es also drei Kategorien von Folgen von kritischen Fehlern: Sie kosten Geld, sie kosten Zeit und, am schlimmsten, sie verursachen Verletzungen.
Umso wichtiger ist es für das Arbeitssicherheitsmanagement, den Faktor Mensch zu berücksichtigen. Das Ziel muss sein, alle Mitarbeiter mit den Fähigkeiten auszustatten, die sie brauchen, um selbstständig die eigenen unbeabsichtigten Fehler vermeiden zu können – und zwar in Echtzeit. Davon profitieren sowohl das Unternehmen als auch jeder einzelne Mitarbeiter.
Kritische Fehler verstehen und vermeiden
Unternehmen gehen bei dem wichtigen Thema Arbeitssicherheit häufig davon aus, dass ihnen die Hände gebunden sind: Sie denken, mehr als traditionelle Sicherheitsmaßnahmen oder verhaltensbasierte Sicherheit sei nicht möglich. Mit der Tatsache, dass dennoch weiterhin kritische Fehler und damit Arbeitsunfälle und arbeitsbedingte Verletzungen passieren, finden sie sich ab. Dabei ist längst bekannt, wie die meisten Unfälle am Arbeitsplatz entstehen: Sie sind das Ergebnis einer Art Kettenreaktion, die einem ganz bestimmten Muster folgt. Entscheidend ist deshalb, die Kettenreaktion bereits an ihrem Anfang zu durchbrechen. Aus der Perspektive der Unternehmenssicherheit wird diese Erkenntnis allerdings häufig schmerzlich vernachlässigt.
Mehr über dieses Muster erfahren Sie im folgenden Beitrag: Das Zustand-Fehler-Muster: Wie aus Fehlern Verletzungen werden.
Inwieweit das Thema der menschlichen Faktoren nicht nur die Sicherheit, sondern alle möglichen Herausforderungen von Unternehmen auf der ganzen Welt betrifft, erfahren Sie unter Qualität und operative Effizienz verbessern.
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